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PARIS - MUNICH

February 14 – March 28, 2020

Exhibition view: PARIS-MUNICH by Abel Auer (Photo: Constanza Meléndez)

Text Abel Auer

Paris - München und nicht Paris - Berlin

Natürlich „bezieht“ sich der Titel und das Bild der Einladungskarte auf die Ausstellung Paris-Berlin und deren Katalog aus dem Jahre 1978 in Centre Pompidou, Paris. Zufälligerweise das Jahr, in dem mich meine Eltern von meiner Geburts- und Heimatstadt München, genauer gesagt just diesem Viertel hier, in dem meine Eltern als Studies hausten und ab 1976 im Lehel, wo ich dann immer im nahegelegenem Englischen Garten beschattet vom Haus der Kunst, zwischen Nacktbadern und Hare Krischnas spielte, nach Stuttgart verschleppten, wo ich dann die restlichen Jahre meiner Transmutation zum erwachsenen Menschen durchlebte.

Diese Ausstellung damals war Teil einer Serie, außer Berlin wurden noch Moskau und New York neben Paris gestellt. Die Intention dahinter ist klar: es ging um die künstlerischen Verbindungen, die Zentren der Avantgarde, kulturelle Leuchttürme der Moderne, und dieses Narrativ halte ich, in ganz exemplarischer Weise für frag- und kritikwürdig. Geschichte wird ja bekanntlich von Gewinnern geschrieben oder, anders gesagt strukturiert sich entlang der Macht, und die Kunstgeschichte mit ihren teils beliebigen Zuschreibungen des Relevanten und Irrelevanten, einfältigen Antagonismen wie Gegenständlich-Abstrakt, Konzept versus Malerei etc. pp . ist da besonders anfällig, in einem Morast aus Propaganda, kalkulierter Relevanz Behauptung und bürgerlichen Geschmacksdünkel zu versumpfen. Mit Schönheit und Erkenntnis hat das alles wenig zu tun, wobei es ja genau das ist, worum es in der Kunst gehen sollte. Oder mit mehr Pathos gesagt: mein Wirken soll wie ein Halluzinogen sein und das Kunstgeschichtsbewusstsein verändern.
Es geht neben der Bildbetrachtung auch um Aufklärung, und wenn man sich den momentanen Stand des Diskurses ansieht, tut dies auch irgendwie not. Eine Ausstellung wie: Malerei jetzt! hat ja nichts anderes über das Medium zu sagen als die Feststellung, dass es trotz der Totsagerei noch immer existiert, no shit! Oder in Londons Whitechapel Gallery findet gerade eine Ausstellung „Radical Figuration“ statt, die mehr oder weniger ein Remake der Saatchi Ausstellung Body Language von 2013 ist. Auch nicht so originell. Schuld sind selbsternannte Experten, Zaungäste des Geschehens, und hier behaupte ich nun als praktizierender Protagonist, als Insider, als Teil und Beteiligter der Kunstgeschichte über ein tieferes Verständnis zu verfügen und sie besser lesen zu können (in der Tat war es zu Beginn der Kunstgeschichte vollkommen normal das nur Involvierte also Künstler selber über jene zu sprechen autorisiert waren).
Am Beispiel jener Ausstellung damals will ich diese Verzerrung einmal beleuchten, weil es ja wirklich nicht all zu viel historisches Faktenwissen bedarf, um festzustellen, dass es, wenn denn eine Deutsche Stadt einen relevanten Einfluss auf die moderne Kunst gehabt hat, es eben München war, und nicht Berlin.

Mit Kandinskys Anwesenheit hier und der Erfindung der abstrakten Malerei, Der Blaue Reiter, DeChirico, der zwar die metaphysische Malerei etwas später in Italien zur Welt brachte, aber wohl schon hier zu seiner Studienzeit im Akademiegarten mit ihr schwanger ging, oder die mysteriöse Zeit, die Duchamp hier verbracht hat, und die den Wendepunkt seines Werkes markierte, (es gibt dieses Buch „Marcel und die anderen“, dass die These in den Raum stellt er wäre vielleicht von Karl Valentins Humor beeinflusst gewesen ). Dies hat das Lenbachhaus ¬¬vor einigen Jahren schon mal in einer Ausstellung thematisiert.Und Berlin dazu im Vergleich? Dada? Kommt ja nicht aus einer pulsierenden Metropole, sondern dem beschaulichen Zürich. Käthe Kollwitz? Die Queen of poverty Porn ist natürlich ein Berliner Original, verbrachte aber auch eine wichtige künstlerische Entwicklungsphase in München. Liebermann? Nolde? Beide auf ihre eigene Weise unerträgliche Künstler.Was hat jetzt diese Geschichte mit meiner Ausstellung zu tun? Bis auf die Einladungskarte und ein seltsames Bildchen, dass mit picabiahaften Übermalungen die Portraits von Valentin und Duchamp vor einem Hintergrund aus Kandinsky-Formen ineinander verlaufen lässt, hat sich die These jetzt nicht all zu sehr in den Werken niedergeschlagen.Grundsätzlich inszeniere ich meine Ausstellungen gerne wie einen Salon im 19. Jahrhundert, da ich die These vertrete, dass das 21. Jahrhundert mehr mit dem 19ten als mit dem 20ten zu tun hat (gesellschaftlicher Umbruch, fin de Siecle - fin de monde...), daher der Teppich und die Hängung.Es gibt ein Waldbild mit leeren Stellen, das nach dem Sturm Lothar benannt ist und nach den Wetterkapriolen zu Beginn der Woche steht es wie eine Prophezeiung im Raum. Ansonsten sollen diese Gedanken zur Kunstgeschichte auch eine Referenz zu Hans Platschek sein der Kunstgeschichte sowohl geschrieben als auch gemalt hat. Schließlich will ich wohl nur meine Wertschätzung für diese Stadt zum Ausdruck bringen und sagen, dass ich trotz der kurzen dreieinhalb Jahre, die ich hier als Baby zugebracht habe, mich emotional zugehörig fühle.Es sollen ja die prägendsten sein...Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit !

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